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New York Halbmarathon: Erfahrungen vom United Airlines NYC Half

Oh, yeah Baby! Nachdem bei mir gleich nacheinander die Absagen für den Tokyo Marathon und den Chicago Marathon eintrudelten, gab es dann doch noch einen Glücksmoment in meinem E-Mail-Postfach, als es Ende November „You’ve Been Selected to Run the 2019 United Airlines NYC Half“ in der Betreffzeile lautete!

Schon 2017 hatte ich das Vergnügen, den bisher schönsten Marathon meiner Marathonlaufbahn zu laufen und konnte so schon Erfahrungen beim New York Marathon sammeln. Nun sollte es also zurück gehen für den Halbmarathon in dieser aufregenden Stadt, mit der ich rein läuferisch auch noch eine kleine Rechnung offen hatte, nachdem ich mich beim Marathon ja ziemlich ins Ziel gequält hatte. In meinem Rennbericht versuche ich Euch ein wenig mit nach New York zu nehmen und von meinen Erfahrungen vom Halbmarathon zu berichten.

1. Startplatz und Anmeldung für den New York Halbmarathon
2. Anreise, Flug und Hotel für den New York Halbmarathon
3. Marathonmesse und Startunterlagen-Abholung beim New York Halbmarathon
4. New York Halbmarathon. Der Renntag. Die Strecke. Das Rennen!
6. Im Ziel des New York Halbmarathon
7. Mein Fazit zum New York Halbmarathon

Startplatz und Anmeldung für den New York Halbmarathon
Bevor man sich für eine der Optionen entscheidet, wie man denn nun an einen Startplatz kommt, sollte man überprüfen, über welchen Halbmarathon in New York man den gerade wirklich spricht. Denn es gibt sage und schreibe 34 Halbmarathons in diesem Jahr in New York! Der größte davon ist der Popular Brooklyn Half mit mehr als 30.000 Teilnehmern im Mai, den United Airlines NYC Half im März mit rund 25.000 Teilnehmern und den NYRR Staten Island Half mir knapp 12.000 Teilnehmern im Oktober. Alle werden übrigens von den New York Road Runners (NYRR) organisiert, die auch den großen New York Marathon veranstalten.
Obwohl es nicht der größte Halbmarathon ist, ist der United Airlines NYC Half die beste Option für einen Halbmarathon in New York. Denn während man beim Brooklyn Half und Staten Island Half mit der Strecke nur im jeweiligen Stadtviertel bleibt, geht es beim United Airlines NYC Half komplett von Brooklyn nach Manhatten zum Central Park. Man bekommt also wirklich den New York Marathon „light“.

Wie immer bei großen internationalen Laufveranstaltungen ist auch beim Halbmarathon in New York die größte Herausforderung überhaupt erstmal einen Startplatz zu bekommen.
Die einfachste, komfortabelste, aber auch kostenintensivste Variante, ist die Buchung über einen Marathon-Reiseveranstalter. Hier zahlt man bei Eigenanreise etwa 500€ für den Startplatz inkl. Unterbringung im 3-Sterne Doppelzimmer bei einem Aufenthalt von Donnerstag bis Montag. Durch ein besseres Hotel, Einzelzimmer, Ausflüge etc. kann man den Preis natürlich beliebig nach oben schrauben und für den Flug kommen über den Veranstalter auch noch einmal etwa 650€ dazu. Dafür hat man aber auch das Rundum-Sorglos Paket und wird vor Ort mit seiner Reisegruppe mit Bussen zum Start kutschiert, holt gemeinsam die Startunterlagen ab und hat meist erfahrene Läufer mit dabei. Gerade wer mit der englischen Sprache auf Kriegsfuß ist, kann so wahrscheinlich am entspanntesten Laufreisen.

Es gibt auch die Möglichkeit über Charity-Startplätze reinzurutschen, aber bekanntlich drehen besonders die Amerikaner und Engländer beim Spendensammeln ordentlich durch, sodass man dann ohnehin mit einem Reiseveranstalter fährt. Die Spendengrenzen, die man für einen Startplatz erreichen muss, liegen nämlich teils deutlich im vierstelligen Bereich.

Der klassische Weg zum Startplatz, der im Erfolgsfall auch die meiste Flexibilität bietet, ist die Startplatzlotterie. Von etwa Mitte Oktober bis Mitte November des Vorjahres kann man sich dazu über die Seite der NYRR registrieren und erfährt dann Ende November, ob es mit einem Startplatz für den März des Folgejahres geklappt hat. Im Erfolgsfall kostet der Startplatz trotzdem stolze 145$ – New York ist eben ein teures Pflaster.

Für schnelle Läufer, gibt es wie üblich auch die Möglichkeit, sich über eine schnelle Zeit in einem anderen Rennen zu qualifizieren und dadurch einen garantierten Startplatz zu bekommen. Dazu muss man aber wirklich schon flinke Beinchen haben. Meine Altersklasse muss dafür immer noch einen Marathon in 2:58h oder einen Halbmarathon in 1:25h laufen können. Wo für Euch die Limits liegen, seht Ihr hier.

Geheimtipp: Mein Profitipp, um an einen Startplatz für den Halbmarathon in New York zu kommen, ist das sogenannte NYRR Virtual 6 Programm. Jedes Jahr finden nämlich parallel zu den Rennen in New York auch 12 virtuelle Rennen statt, an denen man überall auf der Welt via Strava teilnehmen kann. Schliesst man 6 dieser virtuellen Rennen erfolgreich ab, qualifiziert man sich automatisch für ein echtes Rennen im Folgejahr. Allerdings wechseln die Rennen, für die man sich qualifizieren kann. Wer dieses Jahr virtuell punktet, kann im nächsten Jahr beim Popular Brooklyn Half starten.

Anreise, Flug und Hotel für den New York Halbmarathon

Das schöne am New York Halbmarathon ist, daß man relativ früh eine Zusage bekommt und somit mehr als drei Monate im vorraus Zeit hat, sich um seine Buchungen zu kümmern. Außerdem liegt man Anfang März auch noch außerhalb der Hauptreisesaison und so findet man auch noch bezahlbare Pakete für die Reise.

Beim Hotel für den New York Halbmarathon hat man natürlich die Qual der Wahl oder man bucht sich gleich bei AirBnB ein. Wie Ihr wisst, bin ich aber kein großer Freund davon, sich auf Reisen in Wohnungen einzumieten, die dann Leuten vor Ort fehlen, die dringend eine Wohnung suchen.

Da der Start des Halbmarathons am Prospect Park relativ günstig mit der U-Bahn zu erreichen ist, kann man sich bei der Hotelwahl mehr auf den Sightseeing-Faktor konzentrieren. Ich hatte mich ins Arlo Nomad einquartiert und damit nach Midtown Manhatten, also strategisch positioniert, um in alle Richtungen schnell zu Fuß zu den Sehenswürdigkeiten zu kommen. Und der Ausblick beim Einschlafen und Aufwachen, war auch akzektabel.
Beim Marathon war ich beispielsweise südlicher in Manhattan im Financial District, weil ich näher an der Fähre sein wollte, in die ich superfrüh am Marathonmorgen einsteigen musste.

Inzwischen gibt es in Berlin ja auch einige Direktflüge nach New York, die aber meist überbucht sind. Und so ging es auf dem Hinweg über München nach New York und zurück per Direktflug. Als Reisezeitraum hatte ich mir Dienstag bis Sonntag ausgesucht.
Also genügend Zeit, um die 5 Stunden Zeitverschiebung zu kompensieren und das Sightseeing-Programm zu absolvieren und dann am Sonntag nach dem Rennen ab 19.00 Uhr im Flieger schlafen und erholt morgens um 8.00 Uhr in Berlin landen. Soweit der Plan.

Marathonmesse und Startunterlagen-Abholung für den New York Halbmarathon
Das der Halbmarathon wirklich eine ziemliche Hausnummer kleiner ist, als der Marathon, merkt man schon beim Abholen der Startunterlagen. Denn der Metropolitan Pavillon ist ein ganzes Stück kleiner als das Jacob K. Javits Convention Center. Zu finden ist er aber noch etwas zentraler im Flatiron District hier:

Metropolitan Pavilion
125 West 18th Street
New York

Wie gesagt fällt alles eine deutliche Nummer kleiner aus, als beim Marathon, aber als ich am Donnerstag zum Abholen dort war, war es noch ruhig und sehr zügig zu erledigen. Es gibt bestimmt zwei Dutzend Ausgabestellen, an denen man gegen Vorlage der ausgedruckten Teilnahmebestätigung und des Ausweises seine Startnummer bekommt. Damit bekommt man auch noch einmal seine Startwelle und seinen Startblock zugeteilt, der sich aber eigentlich schon aus der prognostizierten Zielzeit ergibt. Bei mir war es der Startblock A der zweiten Welle, der sich als sehr günstig erwiesen hat. Beim New York Halbmarathon gibt es keinen klassischen Zeitnahmechip, sondern die Sensoren sind in die Startnummer integriert. Es reicht also wenn man seine Startnummer über die Start- und Ziellinie bringt, um gemessen zu werden.
Zusätzlich zur Startnummer bekommt man aber auch noch einen Gepäckbeutel und einen Aufkleber mit der Startnummer für den Beutel, sofern man diese Gepäckabgabe-Option gewählt hat. Es ist in New York auch möglich ohne Gepäckaufgabe zu laufen.

Auf der Messe gibt es dann noch ein paar kleine Stände der Sponsoren, wo man sich kleine Geschenke abholen oder sich mit Sporternährung eindecken kann. Den größten Platz nimmt aber der New Balance Shop ein, der aber ebenfalls ein deutlich reduziertes Sortiment an offiziellem Merchandise führt, trotzdem aber die bekannten superstolzen Preise bereithält. Da man als Läufer, aber ohnehin ein offizielles Event-Shirt kostenlos bekommt, fällt es also nicht schwer, sich zu zügeln. Aber das ist ja auch immer ein bisschen der persönliche Geschmack.
Mir ist irgendwann auggefallen, daß ich meine Event-Shirts eigentlich so gut wie nie trage, sondern eher normale einfarbige Sportsachen. Daher nehme ich in der Regel außer kleinen Accessoires nichts mehr mit. Schön waren wieder die Handschuhe mit den Namen der größten Straßen des Halbmarathons auf den Fingern, aber da ich davon schon die Version vom NY Marathon Zuhause habe, habe ich letztlich auch hier nicht zugeschlagen.

Was aber richtig toll ist, sind die wirklich vielfältigen Fotooptionen auf der Messe. Es gibt bestimmt vier verschiedene Fotospots auf der Messe, sodass man garantiert sein klassisches „Ich und meine Startnummer“-Foto bekommt, was einfach zu jedem großen Lauf dazugehört.

Eine richtig tolle Idee waren auch die vorgedruckten Tempoarmbänder, die es kostenlos auf der Messe gab. Darauf sind die verschiedenen Zwischenzeiten eingetragen, zu denen man bestimmte Streckenabschnitte absolviert haben muss, um dann zur gewünschten Zielzeit anzukommen. Viele Läufer haben sowas ja selbst ausgedruckt oder mit Kugelschreiber selbst zusammengekritzelt dabei – sowas ganz ordentlich offiziell zu bekommen finde ich eine tolle Option, auch wenn ich klassisch nach meiner Uhr und nach Gefühl laufe.

Alles in allem stellt sich aufgund der wirklich auf das Wesentliche komprimierten Dimension der Marathonmesse, keine gigantische Begeisterung ein. Für mich ist es aber eher mental ein Denkanstoß, daß es nach zwei Tagen als reiner Tourist, nun langsam auch für mich als Sportler ernst wird.

Pünktlich zum Donnerstag starten in New York dann meist auch die offiziellen Events der verschiedenen Sportmarken in New York. Direkt von den NYRR und Hauptsponsor New Balance gibt es ein kleines Rahmenprogramm, daß man dann jeweils auf der Webseite des Laufes findet. Yogastunden, Stretching und einen kleinen Warm-Up-Run hatte ich an den Tagen vor dem Halbmarathon auf der Agenda gesehen und auch die Yogamarke Lululemon hatte einige Aktionen angekündigt.

Ich hingegen nutzte die Chance, mal die Community der adidas Runners in New York kennenzulernen und startete am Freitag Abend mit den adidas Runners zum sogenannten Alley Cat Run durch die Nacht. Dabei wurden die Läufer in Teams zu je 5 Läufern eingeteilt und mussten anschließend wie bei einer Art Schnitzeljagd durch die Stadt laufen und verschiedene Aufgaben erledigen, wie beispielsweise im Chelsea Market jemanden mit den neuen UltraBoost 2019 Schuhen zu finden und ihm ein Passwort zu entlocken, in einem Chinarestaurant schnell ein paar Dumplings zu vertilgen oder in einem Park gemeinsam möglichst schnell eine Koordinationstrainingseinheit an der Leiter zu meistern. Eine richtig geniale Aktion!

Am Samstag Vormittag kamen dann noch einmal alle zusammen, um nach einem kleinen Warm-Up im Washington Square Park gemeinsam für 5km durch die Stadt zu laufen. Zusammen mit mehreren hundert adidas Runners direkt durch Manhatten zu laufen, ist glaube ich auch deutlich spannender als der offizielle Vorlauf im Central Park. Also lohnt es sich, im Vorfeld mal die Profile der New Yorker Laufcrews bei Facebook und Instagram zu durchstöbern, denn meistens ist man dort total offen für internationale Gäste, die die Laufliebe im Herzen tragen.

New York Halbmarathon. Der Tag. Die Strecke. Das Rennen!
Was richtig toll ist, beim New York Halbmarathon, ist die Kommunikation. Man wird von den NYRR fast täglich auf dem Laufenden gehalten und bekommt auch kurz vor dem Rennen personalisierte und idiotensichere Infos per E-Mail. Das hilfreichste ist die individuelle Timeline-E-Mail, die für jeden Teilnehmer genau aufschlüsselt, wann man wo sein muss und wie man dorthin kommt.

Nach den Erfahrungen vom New York Marathon ist mit den etwas komplizierteren Startprozeduren in New York nicht zu spaßen und man sollte wirklich genügend Zeit einplanen, damit man nachher nicht ohne Toilettengang oder mit Gepäckbeutel auf dem Rücken laufen muss.

Für mich bedeutete das, um 6:35 Uhr am Prospect Park ankommen, spätestens 7:10 Uhr das Gepäck abzugeben und dann bereit zu sein, um 7:40 Uhr schnell in den Startblock zu huschen, bevor es um 7:50 Uhr tatsächlich auf die Strecke geht. Mein Navi gab mir 45min mit der U-Bahn als Fahrtzeit zum Prospect Park an, also machte ich mich mit etwas Bonuszeit um 5:30 Uhr auf den Weg, nach einem Oatmeal als Frühstück, daß ich mir noch am Vorabend bei Startbucks gekauft hatte.

Als erstes ging es zu Fuß zum Herald Square durch die menschenleere Stadt und ich war froh, als ich dann am U-Bahnhof auch andere Leute mit Marathonbeuteln sah. Immer ein gutes Zeichen, daß man auf dem richtigen Weg ist. Was dann folgte war ein Nervenkrieg am Bahnsteig. Denn es kam einfach keine U-Bahn. Keine!

Und so startet dann natürlich das Kopfkino. Ist was kaputt, soll man lieber ein Taxi nehmen, ist man vielleicht doch am falschen Bahnhof? Aber es wurden immer mehr Läufer auf dem Bahnsteig und so schaute ich zu, wie die Minuten vergingen und nichts passierte. Dann kam nach 10 Minuten endlich eine U-Bahn – natürlich nicht die richtige Linie. Aber kurz danach dann endlich die Richtige, also rein und ab zum Start. Meine kleine Bonuszeit war also schon jetzt weggeschmolzen und man merkte bei den Startern der ersten Welle, die extreme Nervosität – denn das würde extrem knapp werden. Daher nochmal mein Tipp, unbedingt Extra-Zeit einzuplanen!

Übrigens muss man für die U-Bahn ganz regulär bezahlen. Beim Marathon waren so viele Läufer unterwegs, daß einfach alle Tore offen waren, damit die Leute sich nicht stauen.

Die U-Bahn-Fahrt selbst war auch nicht das größte Vergnügen. Der Zug war schon gut gefüllt als ich zustieg und füllte sich dann nach wenigen, der 16 zu fahrenden Stationen, zügig bis zu Tokyoter Sardinenbüchsennivau an. Mehr als eine halbe Stunde eng gequetscht stehen, ist auch nicht so die ideale Laufvorbereitung und für Viele, die an späteren Stationen zusteigen wollten, gab es schlichtweg keinen Platz.

Endlich durfte sich der Tross dann aus dem Untergrund an die Luft walzen und die meisten wählten die erste Aussteigeoption, obwohl es wahrscheinlich schneller und weniger voll von der nächsten Station zum Ziel geht. Aber einfach nur raus und frische Luft, haben sich wohl die meisten auch gedacht. Die Erstwellenläufer nahmen dann die Beine in die Hand und spurteten los. Nach etwa ein bis zwei Kilometern im Park kamen dann die UPS-Trucks, die als Gepäckabgabestationen genutzt werden und mir kamen beim Hinlaufen sogar schon die ersten voll beladenen Trucks entgegen – zu spät für die Läufer der ersten Welle, die jetzt noch ihre Beutel abgeben wollten. Also schnell die wärmenden, guten Schutzklamotten aus und den Beutel abgeben. Ab jetzt hatte ich nur noch meine Rennsachen an, ergänzt durch eine günstige Pudelmütze, einen alten Hoodie und billige Handschuhe, die ich mir extra noch schnell im Billigmodeladen gekauft hatte.

Die nächste Station war eine große Barriere, die die große Startzone abschirmte. Hier musste ähnlich wie bei Fußballspielen oder Festivals jeder durch eine Sicherheitskontrolle. Dazu bekam man eine kleine Plastikschale, wo man alle persönlichen Gegenstände ablegen musste. Spätestens hier war dann auch das Ende für Begleitpersonen bekommen. Wobei ich grundsätzlich nicht empfehlen würde, daß Nichtstarter überhaupt mit zum Start kommen.

Nach der Sicherheitskontrolle ging es dann auf eine große Wiese an deren Ende die Startzone in Form eines langen abgezäunten Schlauches aufgebaut war und auch die Galerie der Dixi-Häuschen. Auch kostenloses Wasser gab es hier für eine letzte Stärkung. Beim Marathon hatte ich auch gehört, daß es Kaffee und Bagels geben würde, es aber selbst aufgund des Zeitmangels nicht getestet. Von solchen Annehmlichkeiten habe ich beim Halbmarathon nichts mitbekommen.

Also ran an die Dixieschlange und danach erwärmen und bereitmachen für den Start. Meine Zeit reichte gerade so, denn das Warten auf den finalen Toilettengang verbrauchte die letzte Zeit vor dem Start. Also rein in den Vor-Startbereich, wo man in einzelnen, getrennten Abteilen nach den Buchstaben auf der Startnummer sortiert wird. Ich durfte mich in der zweiten Welle ganz vorn bei Buchstabe A einreihen.
Und jetzt war es Zeit für die nächste Entkleidungsaktion, also Mütze weg, Schlauchtuch weg und Hoodie weg und rein damit in die blauen Spendenbehälter für Bedürftige.

Ganz kurz vor dem Start werden dann die einzelnen Buchstabenblöcke geöffnet und man spatziert weiter nach vorn bis zu eigentlichen Startline. Und nach einem Contdown geht es dann tatsächlich los – United Airlines New York Citiy Halbmarathon, here I come!

Der Start und der Beginn des Rennens ist gerade im Vergleich zum Marathon etwas unspektakulär. Man steht halt morgens kurz vor 8 bei Temperaturen knapp über Null auf einer asphaltieren Straße in einem Park von New York. Da ist das Brückenszenario mit Hubschraubershow der NYPD beim Marathon schon deutlich krasser. Die Nationalhymne gibt es natürlich auch hier beim Halbmarathon, aber die Euphorie kommt doch eher von innen und von den anderen Läufern, als vom Startbereich. Nach den Strapazen, die es bis zur Startlinie gebraucht hat, ist ja aber auch genug Energie und Adrenalin aufgestaut, daß man jetzt über die Beine ablassen kann.

Zunächst gilt es trotzdem einigermaßen die Ruhe zu bewahren, denn wie immer ballern die Verrückten sofort los, die ersten drei Kilometer geht es auch schön bergab und flach aus dem Park heraus in Richtung Manhattan Bridge und damit dem ersten „Berg“, aber auch Highlight der Strecke. Die Brücke zieht sich ewig lang hinauf und natürlich steht auch der kalte Wind auf der Brücke. Wer zu schnell losgelaufen ist, bekommt hier die ersten Mitteillungen seines Körpers, der möglicher Weise mit der Gesamtsituation unzufrieden ist.

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Ich selbst bin gut unterwegs, muss aber auch aufpassen, damit es bis ins Ziel reicht, aber ich habe einen schönen psychologischen Vorteil. Denn als Starter aus der ersten Reihe der zweiten Welle laufe ich auf die langsameren Läufer aus der ersten Welle auf. Es ist genug Platz, sodass ich locker dran vorbeikomme, aber ich überhole fast über die gesamte Strecke andere Läufer und kann an den Startnummern sehen, wie ich mich weiter Buchstabe für Buchstabe vorarbeite. Zum anderen habe ich dann natürlich auch noch die guten Läufer aus meinem eigenen Block, mit denen man sich zu schnellen Grüppchen formieren kann. Wobei das insgesamt nicht so gut klappt. Sich gegenseitig zu ziehen und dann durchzuwechseln, wer vorn läuft, scheint hier kein gängiges Konzept zu sein. Aber für das Laufgefühl ist es einfach sehr motivierend, wenn man nicht überholt wird, sondern selbst überholt.

Also den Schwung mitnehmen und die herrliche Aussicht, die die aufgezogene Sonne nun ermöglicht und locker reinrollen nach Manhatten. Machs gut, Brooklyn!

Die abschüssige Brücke und das tolle Laufgefühl verleiten mich etwas durchzudrehen und mein Tempo steigert sich zunehmend in den gefährlichen Bereich. Aber der Zickzack-Kurs bis hin zum Franklin D. Roosevelt East River Drive, oder kurz FDR Drive reicht, um mich wieder zur Besinnung zu bringen. Also Konzentration und Strecke machen, immer auf der gesperrten Schnellstraße am Hudson River entlang in Richtung 42ste Straße. Leider ist es auf diesem Streckenabschnitt etwas monoton, denn die Zuschauer sind durch einen hohen Zaun von der Straße getrennt und auch von den wenigen Brücken, die über dein FDR Drive führen und wo sich Zuschauer postiert haben, schwappt die Stimmung nur bedingt herunter.

Knapp über die Hälfte sind geschafft und jetzt kommt endlich auch die Strecke noch stärker als mentale Unterstützung dazu und auch die Zuschauer werden mehr und aktiver. Mit einer Linkskurve geht es auf die 42ste Straße und für 2 Kilometer leicht aufwärts in Richtung Times Square. Und deswegen läuft man in New York! Um auf einer abgesperrten Straße an den Wolkenkratzern und dem weltbekannten Leuchtreklameinferno vorbei auf die 7th-Avenue einzubiegen.

Knapp acht Kilometer sind es jetzt noch und das Gefühl, mit den Zuschauern abzuklatschen verführt, dazu das Tempo hochzunehmen und die letzten Reserven anzugreifen. Weiter, immer weiter geht es durch die Häuserschluchten hin zum Central Park, der mir so fies das Genick gebrochen hat beim Marathon. Und kurz vor dem Central Park bin ich schnell, vielleicht sogar zu schnell – dabei geht es noch für eine große Runde durch den Park.

Und wieder heisst es beißen auf diesen letzten sieben Kilometern durch den Park. Das Ziel muss doch jetzt mal kommen, denkt man. Und dann kommt noch ein Hügel und hinter dem Hügel noch eine Kurve mit noch einem Hügel. Besonders bei Kilometer 19 und 20 kommen noch mal zwei kleine Erhebungen, die mir als Flachlandläufer ordentlich den Schweinehund auf den Plan rufen.

Aber anhalten ist nicht, denn ausruhen kann man nach der Ziellinie nur noch diese eine Kurve. Dann kommt endlich das Schild, nur noch 400m, aber auch diese 400m erscheinen unendlich lang. Der Central Park macht es mir wieder nicht leicht, aber ich versuche noch einmal alles, um einen kleinen Endspurt hinzulegen, aber viel geht nicht mehr. Muss aber auch nicht, denn ich bin nach gigantischen 1:35:41h offizieller Finisher des New York Halbmarathon und darf mich nun 23st-schnellster Deutscher des Rennens nennen.

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Dafür das ich im Dezember nach einer zweimonatigen Laufpause extrem unfit war und nun im welligen Gelände und mit sightseeing-strapazierten Beinen so nah an meine Flachlandbestzeit von 1:33:50 herankomme, grenzt schon fast an ein Wunder. Aber wenn es mal läuft, läuft es eben!

Im Ziel des United Airlines New York City Halbmarathons

Im Ziel gibt es neben viel Emotionen vor allem erstmal Hustenkrämpfe zu hören. Und auch ich bin betroffen, denn die kalte Luft, die man besonders beim Endspurt so schnell und tief inhaliert, bekommt nicht jedem. Aber nach ein paar Minuten regelt sich alles wieder ein, ich lasse mir meine Medaille umhängen und mich in die Finisher-Folie einwickeln und trotte den Massen hinterher in Richtung Parkausgang.

Ein paar Meter weiter bekommt man dann auch einen Verpflegungsbeutel mit Gatorade, Riegeln, Brezeln und Wasser und damit geht es durch die Absperrung auf die Straße am Columbus Circle, wo die UPS-Trucks mit den Sachen warten. Also schnell rein in die warmen Sachen und die Sonne genießen und das unglaubliche Glücksgefühl, so ein tolles Rennen hinbekommen zu haben.

Hinter dem Zielbereich geht es übrigens immernoch einigermaßen übersichtlich zu. Es ist zwar ein ordentliches Gewusel, aber wir haben keine Probleme uns zu finden. Aber dazu muss ich sagen, daß ich mit meiner Zeit noch zu den Top 10% der Finisher gehöre, also tendenziell hinter mir immer mehr Finisher gleichzeitig durchs Ziel kommen und damit das Chaos etwas größer werden könnte.

Aber mir ist das egal, denn ich bin mehr als zufrieden damit, wie sich das Rennen angefühlt hat, mit der Zeit, die dabei herausgekommen ist und mit der sportlichen Versöhnung mit NY, nachdem mein Marathon in der zweiten Hälfte ja eher durchwachsen war.

Rein in die U-Bahn, zum Duschen ins Hotel und den restlichen Tag verbringen wir mit einem Besuch im Guggenheim-Museum, einem letzten Spaziergang durch den Central Park und zurück zum Hotel, von wo es zum Flughafen und ab nach Hause geht.

Einige Läufer empfehlen übrigens erst Montag abzureisen, da man nach dem Rennen im NYRR RunCenter auch noch das offizielle Finisher-Merchandise kaufen und seine Medaille gravieren lassen kann. Aber wie Ihr wisst, bin ich dafür nur bedingt begeisterungsfähig. Ich trage meine Erinnerungen im Herzen und verwende die Zeit lieber, um noch ein paar Museen oder andere Highlights in New York anzusehen.

Bleibt einzig und allein die Frage: Wann und wie laufe ich als nächstes in New York?

Mein Fazit zum United Airlines New York City Half
Man muss einfach einmal im Leben in New York gelaufen sein. Punkt.
Und die neue Strecke und die terminliche Lage vor dem großen Touristenansturm auf New York, machen den United Airlines NYC Half zu einer guten Alternative zum NY Marathon. Man kommt etwas leichter an die Startplätze und die Gesamtkosten sind um einiges geringer als beim Marathon. Dafür kann es auch mal richtig frostig werden und die Stimmung an der Strecke ist ein wenig ruhiger. Aber man bekommt die einmalige Chance, dieses Hochgefühl zu erleben, über die Manhatten-Bridge zu laufen und durch Manhatten an allen großen Highlights, wie dem Times Square und Central Park entlang. Wenn also nicht NY Marathon, dann auf jeden Fall den NY Halbmarathon laufen.

Und besonders die Kombination aus Sightseeing und Laufen macht den Halbmarathon so attraktiv. Denn auch wenn man an den Tagen vor dem Lauf täglich gerne mal 20 Kilometer durch die Stadt spaziert ist, kann man noch gute Zeiten laufen, wie mein Beispiel zeigt. Natürlich kann man denken, was wäre, wenn – aber in New York im Hotelzimmer sitzen und die Beine hochlegen, nur damit ich die ein oder andere Minute schneller bin? Das wäre respektlos gegenüber New York!

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