Viele von Euch haben ja schon mitbekommen, daß ich in der Marathonvorbereitung für den Milano Marathon mit der Zuckerfrei-Challenge begonnen habe, um zuckerfrei zu leben und abzunehmen für ein optimaleres Wettkampfgewicht. Laut Statistiken verbessert sich die Zeit um 2,5 Sekunden pro Kilometer pro abgenommenem Kilogramm und so ist man ganze 8:48min schneller am Ziel, wenn man 5kg vor dem Marathon abnimmt.
Ich habe 2014 und 2015 schon gute Erfahrungen mit Paleo gemacht und wollte das zuckerfreie Leben schon länger einmal ausprobieren. Die Marathonvorbereitung gab dann den letzten Ausschlag, um es tatsächlich durchzuziehen und im Prinzip kann man die zuckerfreie Lebensweise auch als „Paleo Ultra“ bezeichnen, denn es gibt viele Ähnlichkeiten.
Wie bei jeder Ernährungsform gibt es auch hier individuelle Ansätze und Unterschiede, daher schreibe ich hier nicht wie man es machen soll oder wie es richtig ist, sondern wie ich es gemacht habe und wie es mit damit ging.
Zuckerfrei Leben – was bedeutet das?
Beim zuckerfreien Leben verzichtet man konsequent auf Zucker und versucht diesen weitestgehend aus der Ernährung zu verbannen. In meinem Fall habe ich dabei nicht nur auf normalen Haushaltszucker verzichtet, sondern auch alle anderen Zuckerarten möglichst vermieden oder nur sehr kontrolliert zu mir genommen. Milchprodukte (Milch, Käse, Quark, Joghurt etc.) haben beispielsweise rund 5% Milchzucker, der dort ganz natürlich vorhanden ist, der mich aber trotzdem gestört hat. Auch auf süßende Ersatzstoffe habe ich verzichtet, weil ich nicht nur ohne den Stoff „Zucker“ leben wollte, sondern auch den süßen Geschmack reduzieren wollte, der durch Nichtzucker wie Stevia oder Xucker erzeugt werden kann. Die Wissenschaft diskutiert ja auch dort noch, ob diese Süßungsmittel nun den Insulinspiegel und damit den Appetit oder Fressatacken beeinflussen oder nicht.
Ich habe meine Zuckerfrei Challenge aber auf alle Kohlenhydrate ausgeweitet und versucht auch möglichst wenig Kohlenhydrate zu mir zu nehmen und nur im begrenzten Maße komplexe Kohlenhydrate, also Polysaccharide, wie sie zum Beispiel in Vollkornprodukten, Brot, Kartoffeln oder Nudeln enthalten sind. Die wichtigsten Quellen für polysaccharid- und ballaststoffreiche Lebensmittel sind übrigens Vollkornprodukte wie Vollkornbrot, Haferflocken, Vollkornreis oder -nudeln, gefolgt von Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten und Kartoffeln.
Zuckerfrei Einkaufen: Wenn es eine Verpackung hat, lass es liegen!
Es ist unglaublich unter was für einem konstanzen Zuckerlevel man lebt, selbst wenn man glaubt, sich gesund zu ernähren. Denn einerseits enthalten viele Lebensmittel natürlichen Zucker und andererseits sind Zucker und Fett perfekte Geschmacksträger und deswegen ballern die Lebensmittelhersteller eine ordentliche Ladung in nahezu jedes Produkt. Wurst, Käse, Dosengemüse oder im Glas, Brot – egal was man in die Hand nimmt – es ist Zucker drin. Alle Inhaltsstoffe müssen ja einzeln angegeben werden und so kann man den zugesetzen Zucker leicht an den Inhaltsangaben erkennen, aber auch wenn nichts zugesetzt wurde kann natürlicher Zucker enthalten sein, den man unter den Kohlenhydraten findet. Dabei gibt es eine ganze Reihe von Süßungsmitteln und Zuckerarten die in diesem Produkten auftauchen können. Grob aufgeteilt gibt es die Zuckerarten Glucose, Fructose, Galactose, Tagatose, Maltose, Lactose, Saccharose und Isomaltulose, die sich aber beispielsweise hinter verschiedenen Siruparten wie Agavendicksaft oder auch Maltodextrin verstecken.
Nach relativ kurzer Zeit habe ich also die Hoffnung aufgegeben und garnicht mehr auf die Verpackungen geschaut, sondern einfach generell nichts mehr gekauft, was eine Verpackung hat, weil einfach meist irgendwelcher Blödsinn mit den Produkten angestellt wird.
Warum abnehmen durch zuckerfrei Leben so gut funktioniert
Natürlich liegt das Geheimnis nicht nur im „Zucker weglassen“, den wie bei vielen Diäten achtet man während einer Diät generell mehr auf die Ernährung und daher funktionieren auch Placebo-Tabletten bei Vielen bei einer Diät. Zunächst muss man die wichtigste aller Diätregeln beachten, die vereinfacht lautet: Isst Du mehr zu Dir als Du verbrauchst, nimmst Du zu – isst Du weniger als Du verbrauchst, nimmst Du ab. Wer sich also pro Mahlzeit 100 Gramm Bacon und 10 Eier reinballert, wird auch ohne Zucker und mit wenig Kohlenhydraten wenig abnehmen. Wenn man diese Grundregel im Hinterkopf behält, kann man mit einer kohlenhydratreduzierten und zuckerfreien Ernährung recht komfortabel abnehmen.
Einerseits haben die meisten Süßigkeiten eine hohe Kaloriendichte. Man kann also ziemlich viel davon essen bis man satt ist und nimmt eine Menge Kalorien damit zu sich. Bei Gemüse und proteinreichen Speisen, wie Eiern oder Quark merkt man den entsprechenden Unterschied, denn man wird von realtiv wenig satt. Wer das nicht glaubt, sollte einfach mal eine 500-Gramm-Packung Magerquark mit ein paar Früchten essen. Wenn man nicht zu schnell ist, sollte das ordentlich satt machen, obwohl es nur 350Kcal hat. Wie gesagt würde ich keine Quark essen, weil er etwa 4-5% Milchzucker hat. Während der Zuckerfrei-Challenge sollte man also eigentlich nie oder zumindest nur selten ein Hungergefühl haben.
Dann haben Kohlenhydrate, wozu Zucker zählt, die Eigenschaft eine starke Insulinausschüttung zu verursachen, die die Fettverbrennung ausbremst. Reduziert man also die starken Insulinschwankungen im Körper und befindet sich in einem Kaloriendefizit (weil man mehr verbraucht als zu sich nimmt), kann die Fettverbrennung quasi rund um die Uhr ununterbrochen ablaufen. Mit regelmäßigem Wassertrinken hält man diesen Vorgang konstant im Gang.
Ein starkes Absinken des Insulinspiegels kann auch zu Heißhungerattacken führen, ebenso wie Schlafmangel, den der Körper durch zusätzliche, schnelle Kalorien aus Kohlenhydraten kompensieren möchte. Diese Symptome lassen sich durch eine proteinreiche Ernährung vermeiden – und natürlich durch ausreichend Schlaf.
Zuckerfrei in der Praxis
Wie wahrscheinlich die meisten von uns, habe ich mir erstmal ein paar Bücher besorgt, damit ich tolle zuckerfreie Rezepte zur Hand habe. Ich kann dabei Goodbye Zucker von Sarah Wilson und Zuckerfrei – Die 40 Tage Challenge von Hannah Frey empfehlen. Besonders Sarah Wilson hat eine ziemlich lässige Herangehensweise, die mir gut gefallen hat. In der Realität musste ich meine Vorstellung von der coolen Instagram-Lecker-Schmecker Rezeptolympiade aber schnell meinem echten Leben anpassen, denn zwischen Job, Training und Familie war mir die Zeit für ein aufwändiges Rumgewerkel in der Küche doch zu schade, also war die rustikale Männer-Holzhammermethode angesagt.
Es gibt bei mir also sehr häufig Eier, in allen Varianten vom gekochten Ei, Rüherei, Omelette oder mit Gemüse versetzt. Ich esse sowieso recht gern Ei, insofern kam mir das gut entgegen. Zuckerfreie Proteinshakes sind zwar nicht der Traum des Clean Eatings, aber es geht schnell und man kann die Kalorien auch sehr gut dosieren. Natürlich gab es die Shakes mit Wasser versetzt und nicht mit Milch und wenn ich Lust hatte, gab es auch mal eine pürierte Banane mit dazu. Aber gerade beim Thema Obst muss man aufpassen, daß man sich nicht weiter seine Zuckerschocks holt über den Fruchtzucker.
Interessanter Weise hatte ich keinen großen Appetit auf Fleisch und deshalb standen Hähnchenkeulen und dergleichen auch nur relativ selten auf dem Programm, dafür gab es aber viel Gemüse oder auch Fisch. Als kleiner Snack eignen sich ein paar Wallnüsse und auch ein Teelöffel ungesüsste Erdnussbutter kann gut helfen, obwohl dort auch natürlicher Zucker enthalten ist.
Vorsicht vor dem Selbstbetrug
Das Hirn liebt Zucker und Euer Körper versucht auch immer wieder zu steuern, daß er Zucker bekommt. Daher muss man vor allem vor versteckten Süßigkeiten aufpassen. In diversen Foren zum Thema habe ich immer wieder von Leuten gelesen, die stolz berichten das sie die Süßigkeiten beim Fernsehabend gegen Trockenfrüchte ausgetauscht haben. Doch da wäre eine Bitterschokolade mit viel Kakao fast besser gewesen, denn der enthaltene Fruchtzucker schickt das Hirn gleich wieder auf das nächste kräftige Zuckerhigh. In Rosinen sind beispielsweise 59% Zucker und bei getrockneten Aprikosen sind es 53% Zucker.
Auch Proteinriegel suggerieren ja, daß sie aus Protein gemacht sind. In der Regel bestehen sie aber auch meist zu etwa 50% aus Kohlenhydraten und haben meist auch viel Zucker, wie man hier am Beispiel vom Snickers Proteinriegel sehen kann.
Bei Proteinpulvern habe ich auch darauf geachtet, nur Sorten zu verwenden, die nicht aromatisiert, nicht gesüsst und mit einem maximalen Proteingehalt ausgestattet sind, wie IsoPro von MyProtein (mit meinem Link bekommt Ihr 25% auf Eure Bestellung) das 97% Protein und keine Kohlenhydrate hat. Wenn man Lust auf Geschmack hat, ist es das Beste ein paar frische Früchte unterzumixen oder eine Messerspitze Superfoodspulver. Das gibt es zum Beispiel von GoodMe oder Foodspring.
Erfahrungen mit Zuckerfrei Leben und der Zuckerfrei Challenge
Die ersten drei Tage waren wie bei den meisten anderen radikaleren Umstellungen recht hart und mein Körper hat mir deutlich zu verstehen gegeben, daß er jetzt verdammtnochmal gefälligst seinen Zucker haben will. Und zwar gleich! Ich hatte zwar keine Kopfschmerze, aber eine gewisse Antriebslosigkeit und Stimmungsschwankungen waren definitiv vorhanden. Das Interessante ist, daß man nach der Umstellung ein viel konstanteres Energielevel hat. Während ich früher erst leicht hyperaktive Energieschübe hatte und dann aber nach dem Essen auch häufig ins Futterkoma gefallen bin, a la „kann ich mich kurz hinlegen?“, habe ich jetzt eine konstante Energieleistung und bin weniger hyperaktiv und kann mich besser konzentrieren.
Um so weniger Zucker man zu sich nimmt, um so stärker nimmt der Naschhunger ab. Während ich zu Anfang noch fast jeden Abend riesige Probleme hatte, mich nicht an Süßigkeiten zu vergreifen, wurde es dann immer leichter. Natürlich gab es immer wieder Naschattacken, die aber gezeigt haben, daß Zucker wie ein Suchtstoff funktioniert. Nur mal eben schnell ein einziges Gummibärchen zu essen oder ein kleines Stück Schokolade, kann ein ganz großer Fehler sein. Denn bei mir hat das in der Regel sofort das Suchtzentrum aktiviert und das sagte: Egal wie aber gib mir mehr davon und zwar alles was da ist und zwar jetzt sofort! Die Chance das ein einzelnes Gummibärchen die totale Eskalation bewirkt ist also recht hoch.
Wenn ich jetzt Abends noch einmal einen großen Zuckerhunger bekomme, dann esse ich langsam einen kleingeschnittenen Apfel oder eine Apfelsine. Einen Teelöffel voll ungesüßter Ernussbutter zu essen ist auch ein guter Trick um den Naschhunger schnell einzudämmen. Dazu ein Glas Wasser und das Schlimmste sollte überstanden sein. Ungesüsste Ernussbutter gibt es übrigens sehr günstig im 1kg-Eimer im Internet.
Zuckerfrei, Marathontraining und Sport
Wie schon erwähnt habe ich schon einmal ein Marathontraining während der Paleo-Diät durchgezogen, wo man auch kaum Kohlenhydrate zu sich nimmt. Dabei hatte ich damals auch zum ersten Mal den berühmten „Mann mit dem Hammer“ kennengelernt bei einem Longrun, der über 32km gehen sollte. Etwa bei Kilometer 26 ging mir ziemlich schlagartig der Saft aus und mein Körper fühlte sich einfach leer an – es war keine Energie mehr da. Nichts zum Kämpfen, nichts zum „auf dem Zahnfleisch“ durchziehen – einfach leer und vorbei.
Wenn man so trainiert hat das verschiedene Vorteile für Ausdauersportler. Man nimmt natürlich ordentlich ab und erreicht damit ein besseres Wettkampfgewicht und man schult gleichzeitig den Stoffwechsel und den Kampfgeist, den man fühlt sich nüchtern manchmal auch schon ab Kilometer 15 ungefähr so wie ein Marathonläufer sich bei Kilometer 30 und aufwärts fühlt. Wenn man dann noch weitere 15 Trainingskilometer vor sich hat, kann man sich einmal der klassischen Situation aussetzen die viele Marathonläufer im letzten Drittel des Marathons kennen, wenn man das Rennen falsch eingeteilt hat. Wie gesagt ist es besonders für Erstlinge eine interessante Erfahrung sich dem auszusetzen, denn man lernt viel über sich selbst und wie man mit solchen Situationen umgeht.
Mit einem starken Kalorien- oder Kohlenhydratdefizit zu trainieren hat aber auch große Nachteile, denn schon im Training steht nicht ausreichend Energie zur Verfügung, so daß man nicht die maximale Trainingsleistung erbringen kann und damit der Trainingseffekt geringer ausfällt. Ich habe daher versucht einen Mittelweg zu finden. Für kurze, intensive Trainings, wie beispielsweise Intervalltraining habe ich vorher einen Apfel oder eine Banane gegessen, um wenigstens einen Teil des Trainings mit frischer Energie zu meistern. Ich bin wie schon erwähnt aber auch gleich zwei mal nüchtern längere Strecken gelaufen, was nicht lustig war. Einmal 30km und einmal die Halbmarathondistanz haben mir gezeigt, daß eine vernünftige Trainingsqualität nur mit ausreichend Kalorien und Kohlenhydraten machbar sind. Bei Wettkämpfen habe ich aber immer eine Ausnahme gemacht und spätestens am Tag vorher ordentlich die Speicher aufgefüllt und dann mit Gels oder einem gezuckerten Energydrink oder Energy-Schorle (mit Wasser gemischter Energydrink) gearbeitet. Die Reaktionen des Körpers, der eine Weile keinen Zucker und kaum Kohlenhydrate gesehen hat, sind entsprechend und im Himmel ist Jahrmarkt. Die totale Zuckerextase, so wie be Kindern die ihre Weihnachtssüssigkeiten alle auf einmal essen und komplett durchdrehen! Jetzt muss man diesen Zuckeratomreaktor der kurz vor der Kernschmelze steht nur noch in eine schnelle Vorwärtsbewegung lenken und ab gehts!
Mein Fazit zum Thema Zuckerfrei
Nach einer kurzen Umgewöhnungsphase komme ich sehr gut mit der zuckerfreien Ernährungsweise zurecht und kann diese auch gut in meinen Alltag integrieren, auch wenn es ziemlich rustikal um meine Rezepte bestellt ist. Ich habe ausreichend Energie und ein konstanteres Energielevel und fühle mich ausgeglichener und weniger hektisch. Seit Januar 2017 habe ich fast 10kg an Gewicht verloren – seit 10. März bin ich (fast immer) zuckerfrei und habe allein in dieser Zeit 6kg verloren und meine Körperfettanteil um 4% reduziert. Und beim Mailand Marathon bin ich trotz oder wegen dieses Ernährungseperiments mit einer Zeit von 3:28:15 ins Ziel gekommen und damit sehr glücklich.
Da ich aber schon immer ein Naschtyp war, kam vieles von diesem Zusatzgewicht vom gemützlichen Naschen in der Winterzeit auf dem Sofa, wenn man auch gerade nicht so intensiv trainiert. Auch wenn ich mir ab und zu einen Cheat-Day gönne und mir eine ordentliche Dröhnung an Eis, Schokolade oder anderem Süßkram gönne, komme ich gut damit zurecht auf die vielen, kleinen täglichen Zuckerinfusionen zu verzichten, die man im Alltag bewusst oder unbewusst zu sich nimmt. Aus einem unbewussten, konstanten Zucker-High ist also ein bewusster Zuckergenuss geworden. Und zwar selten und wann und wie ich möchte und nicht konstant unter mein Essen und trinken untergemischt.
Ich werde diese Ernährungsweise auch noch weiter fortsetzen, um weiter zu beobachten, wie es sich auf meinen Alltag, meine Gesundheit und meine sportlichen Leistungen auswirkt. Wenn Ihr Fragen dazu habt, hinterlasst gern einen Kommentar oder schreibt mir bei Facebook oder Instagram.
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